Führung und Mitarbeitermotivation bringen ganz neue Herausforderungen

Führung und Mitarbeitermotivation bringen ganz neue Herausforderungen


Ausgabe 04/20 der Zeitung für kommunale Wirtschaft ZfK

2020 steht ganz im Zeichen der Corona Pandemie. Was bedeutet das für die Unternehmen im Energiesektor? Welche Herausforderungen sind technisch oder auch in Sachen Führung zu meistern? Die HORIZONTE-Group berichtet zum Thema Arbeitsplatz 4.0

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E-World 2020 - Digitalisierung der Energiewende 2.0

E-World 2020 - Digitalisierung der Energiewende 2.0


Digitalisierung der Energiewende 2.0 - Impressionen von Deutschlands größter Energiemesse

Ganz im Zeichen des proklamierten Rollouts intelligenter Messsysteme (iMSys) hatte vom 11. bis 13. Februar wieder einmal die E-World energy & water in Essen ihre Tore geöffnet. Auch wir von der HORIZONTE-Group haben uns wieder einmal unter Besucher und Aussteller gemischt und Stimmen und Stimmungen eingefangen.

Die Größe der Veranstaltung beindruckte auch in diesem Jahr. Die E-World und mit ihr der Veranstalter conenergy haben es geschafft, mit dem Format in den letzten Jahren DEN Treffpunkt der Branche zu etablieren. So ist es schlichtweg eine Unmöglichkeit, ein Motto, eine zentrale Botschaft oder ein besonders hervorstechendes Thema aus der Vielzahl der Einzelaspekte herauszuhören. HORIZONTE-Group, IHR Partner für die digitale Transformation des Energiesektors in Deutschland und Europa, hat sich 2020 erneut auf den Stand der Entwicklungen im Bereich der digitalen Infrastrukturen konzentriert.

Und diesbezüglich war der Termin der Messe gut gewählt. Erst wenige Tage zuvor hatte das BSI mit der Veröffentlichung der sog. Marktanalyse in der Version 1.1 den Startschuss für den Smart-Meter-Rollout in Deutschland gegeben. Damit war der Boden bereitet für ein interessiertes Publikum auf der Suche nach der attraktivsten „SiLKe“ (sichere Lieferkette für Smart-Meter-Gateways), smarten Innovationen und konkreten Produktansätzen. Ob dies nun die „intelligent machende“ Erweiterung für die moderne Messeinrichtung oder direkt der Aufbau eines Submetering-Dienstes ist, Stadtwerke und Energiekonzerne sind auf der Suche nach Kompensationsmöglichkeiten für wegbrechende Kundensegmente und Margen – und zur Abwehr tatsächlicher oder vermeintlicher Wettbewerber.

Auch Dienstleister wurden stark frequentiert. Der deutsche Technologieansatz für den Rollout einer hochgradig sicheren und flächendeckenden Infrastruktur mit bidirektionaler Kommunikation führt zu einer Zäsur. So ist es mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, dass nur noch wenige Unternehmen völlig ohne Unterstützung durch einen Plattform-Partner versuchen z.B. die Gateway-Administration selbständig aufzubauen. Dennoch sind noch immer weite Teile des Marktes nicht auf einen konkreten Anbieter fokussiert. Durch die fortlaufenden Verzögerungen der letzten Jahre sind zudem eine Reihe von Dienstleistungsverträgen bereits ausgelaufen, weshalb sich weiterhin viele Vertreter kleiner und mittlerer EVU bei GWAdriga, smartOPTIMO, co.met, TMZ/TEAG und Co. über die Optionen einer Leistungserbringung informierten. Angesichts der Komplexität des „deutschen Modells“ hatten diese Anbieter einen regen Zulauf. Allmählich wird deutlich, dass die Umsetzung des gewählten intelligenten Infrastrukturansatzes Auswirkungen auf eine große Zahl der Wertschöpfungsbereiche in EVU und bei Messstellenbetreibern haben wird.

Uns so reicht es aller Voraussicht nach nicht, den Anforderungen des Gesetzes entsprechend intelligente Messsysteme auszurollen. In den kommenden Jahren wird es vielmehr auch darum gehen, dass Kundenverhalten, Innovationen und die Wirtschaftlichkeit im Blick zu behalten, so die allgemeine Wahrnehmung. Ein Ansatz, der diese Faktoren vereinigt, wurde mit dem Happy-hour-Stromtarif von Envia M vorgestellt. Kombiniert mit der wirklich grünen Stromerzeugung aus Algen, welche das Startup Solaga in Szene setzte, könnte der Messebesucher meinen, der Selbstoptimierungs- und Fitnesstrend hätte auch den Strommarkt „endlich“ erreicht. Insgesamt lässt sich zum Umfeld des Smart-Meterings und den präsentierten Geschäftsmodellen festhalten, dass sich kein einheitlicher Trend herausschält. Sehen die einen Anbieter das Smart-Meter-Gateway als ideales Einfallstor zum Kunden, umgehen andere Anbieter es nahezu komplett. Hier wird es wohl erst das Jahr 2020 zeigen, ob die intelligente Infrastruktur über SMGw zu wirtschaftlichen Geschäftsmodellen führen kann.

Natürlich aber treibt die Branche nicht nur das Smart Metering um. Zunehmend bedeutend wird die Frage, wie die IT-Strategie angesichts „Cloudifizierung“, künstlicher Intelligenz (KI) und datengetriebenen Geschäftsmodellen ausgeprägt werden soll. Entsprechend hatten auch die Softwareanbieter mal wieder jede Menge Gespräche zu führen. Der mittlerweile etablierte „Neue“ ist powercloud. Der Anbieter aus dem Süddeutschen Raum hat in den letzten Jahren ein Partnernetzwerk aufgebaut und schickt sich an, nach einem Angebot für Energievertriebe auch Netze und Messstellenbetreiber anzugehen.

2021 wird die E-World sich nach heutiger Sicht deutlich intensiver noch einem anderen Thema widmen, dass in diesem Jahr nur auf konkrete Nachfrage präsentiert wurde. „Redispatch“, der von den Übertragungsnetzbetreibern angeordnete Eingriff in den marktbasierten, ursprünglich geplanten Fahrplan von Stromerzeugungsanlagen, steht mit der Neufassung als 2.0 in den Startlöchern. Große wie kleine Softwarehäuser, die sich mit dem Einspeisemanagement und der Netzsteuerung befassen, wissen, dass hier spätestens Ende 2020 viele Projekte auf sie zukommen werden. Auch die HORIZONTE-Group hat hier mit der Sondierung für erste Projekte begonnen. Und auch Redispatch 2.0 wird mittelfristig zu einem Anwendungsfall für die Smart-Metering-Infrastruktur.

So vieles mehr könnte zur E-World 2020 an Eindrücken und Themen geschrieben werden. Selten hatten wir so sehr das Gefühl, Zeuge einer Zeitenwende im Energiesektor zu sein. Deutschland beginnt nun mehr denn je, die Energiewende mit den Technologien der Digitalisierung zu gestalten und beschreitet damit in vielen Bereichen neue Wege.


Die Markterklärung ist da – der Pflicht-Rollout startet!

Die Markterklärung ist da – der Pflicht-Rollout startet!


Mit der am 31. Januar veröffentlichten Marktanalyse (Vs. 1.1) hat das BSI die formalen Voraussetzungen für den Startschuss des Pflicht-Rollout der intelligenten Messsysteme (iMSys) gegeben. Die formale Feststellung der technischen Möglichkeit zum Einbau intelligenter Messsysteme, in der Branche auch als Markterklärung bezeichnet, betrifft eine große Zahl der relevanten Einbaufallgruppen. Am 17. Februar 2020 soll es jetzt endlich losgehen!

Nach dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) haben die grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB) nach der Markterklärung drei Jahre Zeit, um mindestens 10% der Einbaufälle für iMSys in ihrem Netzgebiet einzubauen (vgl. §§ 30 und 45 Abs. 1 Nr. 2 MsbG).

Drei Geräte unabhängiger Hersteller sind zertifiziert und am Markt verfügbar

Grundlage für die Markterklärung ist die Verfügbarkeit von 3 Smart-Meter-Gateways (SMGw) unterschiedlicher Hersteller. Dies wurde durch die Übergabe des Zertifikats am 19. Dezember 2019 an das Unternehmen EMH erreicht. Vorher hatten bereits die Hersteller Sagemcom Dr. Neuhaus (25. September) und die Mannheimer PPC (Dezember 2018) die Zertifizierung ihrer Geräte durch das BSI erreicht. Neben den drei SMGw‘s werden im intelligenten Messwesen auch Sicherheitsmodule unabhängiger Hersteller (drei Hersteller seit 2018 zertifiziert) sowie verschiedene sogenannte Smart-Meter-Gateway-Administratoren (39 zertifizierte Unternehmen) benötigt. Die formalen Voraussetzungen für den Start des Pflicht-Rollout, so das BSI, seien damit gewährleistet. In der Marktanalyse verweist das BSI auf die umfangreichen Anforderungen des § 21 MsbG, welche es samt den BSI-Sicherheitsstandards zu erfüllen gilt. Abbildung 1 stellt das Fundament für die Markterklärung im Überblick dar.

EEG Novelle 2021 in den Startlöchern

Abbildung 1: Abbildung 1: Prüfungsumfang der BSI-Marktanalyse (Quelle: BSI Marktanalyse v1.1, S. 6)

Wie geht es nun weiter?

Während 2019 lediglich eine geringe vierstellige Anzahl iMSys im Wirkbetrieb verbaut wurden, wird der flächendeckende Einbau in diesem Jahr Fahrt aufnehmen. Damit müssen nun die neuen Prozesse im Messwesen bei Messstellenbetreibern etabliert und stabilisiert werden. Es ist davon auszugehen, dass die Erkenntnisse und Probleme, welche zumeist erst im Regelbetrieb feststellbar sind, sowohl Messstellenbetreiber als auch Gateway-Administratoren und Systemanbieter auch weiterhin stark beschäftigen werden.

Vorerst gilt die Markterklärung für Letztverbraucher. Sowohl die Gruppe der Verbraucher mit einem Jahresverbrauch zwischen 10.000 bis 100.000 kWh als auch die verpflichtenden Einbaufälle mit einem Jahresverbrauch von 6.000 bis zu 10.000 kWh sind durch den Pflicht-Rollout betroffen. Der Einbau kann aber auch bei den sog. optionalen Einbaufällen bis 6.000 kWh gestartet werden. Für Letztverbraucher mit mehr als 100.000 kWh Jahresverbrauch oder solche mit einer RLM-Messung stellt das BSI zum aktuellen Zeitpunkt keine technische Möglichkeit zum Einbau von iMSys fest. Für steuerbare Verbrauchseinrichtungen nach § 14a EnWG verweist die Analyse auf die anstehenden Veränderungen am regulatorischen Rahmen für Smart Grids. Auch bei EEG- und KWKG-Anlagen scheitert die Markterklärung an noch fehlenden Tarifanwendungsfällen (TAFs 9 und 10), die mittels Software-Update aber kurzfristig bereitgestellt werden sollen. Schon zu einem vorgezogenen Termin, am 20. Oktober 2020, soll deshalb eine Überarbeitung der Marktanalyse veröffentlicht werden. Augenscheinlich wird hier nun mächtig Druck gemacht.

Viele Anwendungsfälle jenseits des Smart Meterings bereits möglich

Ungeachtet der erforderlichen Software-Updates kommt die Marktanalyse bereits zu dem Schluss, dass eine Vielzahl von Anwendungsfällen, auch jenseits des reinen Smart Meterings, bereits heute unterstützt werden können. In diesem Zusammenhang kommt dem CLS-Proxi-Kanal große Bedeutung zu. Über einen transparenten Kanal können demnach sowohl Smart-Grid-Funktionen als auch Anwendungen des Submeterings auf Basis der Infrastruktur des intelligenten Messwesens betrieben werden.

iMSys bedürfen jedoch der Weiterentwicklung

Auch wenn der Rollout nun endlich startet, ist es doch ernüchternd, wie viel Zeit die Entwicklung bis heute in Anspruch genommen hat. Die seit vielen Jahre anhaltende Debatte um Sicherheit und Regularien hat zu einem technisch hoch anspruchsvollen und komplexen Messwesen geführt.

Einige der vom Gesetzgeber erhofften und in der Kosten-Nutzen-Analyse beschriebenen Funktionalitäten sind durch die aktuellen Geräte noch nicht umsetzbar. So können die derzeit am Markt verfügbaren Geräte lediglich die auf die Verbraucher ausgerichteten TAFs 1,2,6 und 7 abbilden. Weitere TAFs z.B. für netzdienliche Zwecke (TAF 9 & 10) sowie für datengetriebene Geschäftsmodelle mit feingranularen Messwerten (TAF 14) sollen zeitnah folgen.
Erkennbar haben sich BSI und Markt von dem Gedanken verabschiedet, die heute verfügbaren und künftig entwickelten iMSys nach Generationen in G1, G2 usw. Geräte zu unterscheiden. Die Entwicklung wird stattdessen auf inkrementelle Weise per Firmware-Update und Rezertifizierung erfolgen.

Die Geräte weiterer sechs Hersteller befinden sich derzeit noch im Zertifizierungsverfahren. Mit Verzögerung werden diese für weiteren Wettbewerb der Gerätehersteller sorgen.

Fahrplan für die weitere Digitalisierung der Energiewende

Um die Digitalisierung der Energiewende zügig voranzutreiben, hat das BMWi einen Maßnahmenkatalog aufgestellt und in einem Fahrplan veröffentlicht (ebenfalls am 31.01.2020). Fokus liegt dabei auf die Optimierung des iMSys-Rollouts. Hier werden u.a. Anpassungen von EEG und §14a EnWG angekündigt, sodass steuerbare Verbraucher und EEG- und KWKG-Anlagen zukünftig auch größtenteils über BSI-zertifizierte Smart-Meter gesteuert und geschaltet werden müssen.  Auch der Übergang zur sternförmigen Kommunikation wird konkretisiert: Die zum 01.12.2019 eingeführte MaKo 2020 bleibt übergangsweise bestehen. Die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen wird auf Grundlage des Messwertverarbeitungskonzepts bis zum 30. Juni 2023 evaluiert. Sobald die technische Realisierbarkeit der sternförmigen Kommunikation abrechnungsrelevanter Daten via iMSys bestätigt ist, wird der Zeitpunkt der Umstellung bekanntgegeben, dies wird jedoch frühestens im Jahr 2026 sein.

Auch behandelt der BMWi-Fahrplan, wie Bürger und Kunden thematisch mitgenommen werden sollen und das volle Potenzial der Digitalisierung für die Energiewende gehoben werden soll. Wo stehen Sie in der Umsetzung des intelligenten Messstellenbetriebs?

Neben dem oben skizzierten Regelbetrieb werden die iMSys zukünftig auch die Basis für neue digitale Geschäftsmodelle wie Mehrspartenmetering/Submetering, IoT- und Smart-Home-Anwendungen und ein neues digitales „Smart Grid“ bilden. In der Folge wird eine, zur Erfüllung der Anforderungen des gMSB, ohnehin schon komplexe iMSB-Infrastruktur noch einmal um weitere Komponenten erweitert und zugleich zu einer hoch performanten und zuverlässigen IKT-Infrastruktur heranwachsen.

Im Markt ist ein deutlicher Trend festzustellen. Viele Messstellenbetreiber lassen eine Reihe von Leistungskomponenten des intelligenten Messwesens durch externe Dienstleister abdecken. Aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger Anforderungen und zur Sicherstellung eines möglichst hohen Flexibilitätsgrades des intelligenten Messstellenbetriebs werden nur vermeintliche Kernbereiche eigenständig ausgeprägt. Gleichzeitig wird deutlich, dass sich der Markt für GWA-, MDM-Dienstleister sowie Plattform- und Visualisierungslösungen bereits vor dem Pflicht-Rollout in einer Konsolidierungsphase befindet. Durch die permanenten Verzögerungen müssen Dienstleister ihre Angebote schon viel zu lange vorfinanzieren, ohne bisher neue Umsätze generieren zu können.

Ein weiteres Mal haben sich die Rahmenbedingungen für Messstellenbetreiber konkretisiert und neue Marktentwicklungen ergeben. Spätestens jetzt ist es erforderlich, die MSB-Aktivitäten und insbesondere die MSB-Strategie im Energieversorgungsunternehmen auf den Prüfstand zu stellen.

Unterstützende Werkzeuge bilden hierbei eine Strategieevaluation, Prozess- und Wettbewerbsanalysen sowie das Heranziehen von Dienstleistungsbenchmarks für Leistungs- und Kostenbestandteile. HORIZONTE ist seit Jahren auf diese Aufgaben und die Digitalisierung der Energiewende spezialisiert. Gerne unterstützen wir Sie auch bei Ihrer individuellen „MSB – Standortbestimmung“ oder erstellen für Sie eine „Second Opinion Messwesen“.


Verbraucher, Digitalisierung und Geschäftsmodelle

Gutachten veröffentlicht zum Topthema 1:
Verbraucher, Digitalisierung und Geschäftsmodelle


Verbraucher können noch keine digitale Energiewende erleben

Nachdem die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Barometerprojekts beauftragten Gutachten zu den Topthemen 2 („Regulierung, Flexibilisierung und Sektorkopplung“) und 3 („TK-Netzinfrastruktur und TK- Regulierung“) bereits veröffentlicht wurden, mussten Interessierte auf das Gutachten zum Topthema 1 ähnlich lang warten wie auf die erste Zertifizierung eines Smart-Meter-Gateways (SMGw). Wir berichteten zu all diesen Themen hier.

Während der Rollout intelligenter Messsysteme (iMSys), eigentlich einmal eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2009 umsetzend, mittlerweile zumindest schleppend angelaufen ist, stehen mit dem Deutschen Sonderweg weiterhin digitale Mehrwertdienste im Strombereich aus, die die neue Infrastruktur nutzen. Letztere zeichnet sich vor allem durch größtmögliche Sicherheit aus – birgt allerdings auch weitaus mehr Potential als digitale Plattform. Das nun erschienene Gutachten wollte die zahlreichen Geschäftsmodelle rund um iMSys sowie weitere Basistechnologien einmal aufzeigen, bewerten und Anstoß für weitere Entwicklungen geben.

Smart-Grid weiterhin Zukunftsmusik

Einer der Hauptgründe für den Rollout intelligenter Messinfrastruktur war und ist der Wunsch nach einem Smart Grid. Ein intelligentes Verteilnetz, dass mit der weiter steigenden Anzahl an sogenannten Prosumern und Flexsumern, einem steigenden Anteil dargebotsabhängiger erneuerbarer Energien umgehen kann. Dahinter steckt auch das Ziel, den Netzausbau so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten. Durch die Verzögerungen bei der Smart-Meter-Gateway-Zertifizierung ist dieser Wunsch weiterhin von der Realisierung in Deutschland entfernt, auch wenn es mit intelligenten Ortsnetzstationen und zahlreichen Insellösungen bzw. Pilotprojekten vielversprechende Ansätze gibt. Ohne ein echtes Smart-Grid allerdings müssen damit zusammenhängende Geschäftsmodelle auch weiterhin im Konzeptstadium verbleiben.

Einheitliche Standards fehlen

Als weitere Ursachen für die hinter den Erwartungen zurückbleibende Entwicklung und Vermarktung von Produktmodellen auf Basis der SMGw-Technologie nennt das Gutachten unter anderem das Festhalten an proprietären Lösungen, die zunächst schneller und wirtschaftlicher auf dem Markt verfügbar waren. Zahlreiche Anbieter haben sich hier hervorgetan, unterschiedliche Standards und Übertragungsformate wie LoRaWAN oder freie Funkfrequenzen nutzend, zum Teil gar den CLS-Kanal des SMGws umgehend. Diesen Anbietern kam die Verunsicherung in der Energiebranche daher vergleichsweise gelegen. Durch die anhaltenden Verzögerungen in der Verfügbarkeit weiterer zertifizierter Technologie ist momentan kaum abzusehen, dass dieser Trend bald durchbrochen würde.

Marktstruktur begünstigt keine Innovation

Das Gutachten nennt aber auch die Struktur des Marktes als ursächlich für das Ausbleiben aussichtsreicher Geschäfts- und Produktmodelle im intelligenten Messwesen. Ähnlich wie auf Verteilnetzebene existiert bei gMSBs eine kleinteilige Struktur mit zahlreichen kleinen und mittleren und nur wenigen großen Akteuren. Bei jenen ist der intelligente MSB nach wie vor nur ein Randgeschäft und besitzt keine große Priorität. Die Entwicklung und Vermarktung digitaler Produkte und Dienstleistungen auf SMGW-Basis hat daher mit wenigen Ausnahmen bei den meisten gMSBs bisher nur wenige Blüten getragen.

Weiterer Zeitplan und Stufen

So nüchtern die Analyse des Status Quo ist, so ernüchternd ist der Ausblick des Gutachtens. Zum einen wird der weitere Zeitplan der SMGw-Zertifizierung dargelegt, der als Basistechnologie zurecht als ursächlich für die aktuelle Situation befunden wird. Grundlage des Zertifizierungsverfahrens bilden dabei die jeweils aktuell veröffentlichten Schutzprofile und technischen Richtlinien (TR), welche den gültigen „Stand der Technik“ wiedergeben. Zur Beseitigung von Unsicherheiten will das BSI ein funktionales Geräteprofil G1 als Anhang zur TR-03109-1 veröffentlichen, um den unterschiedlichen Auffassungen sowie Irritationen in der Branche zu begegnen. Ein Beispiel für hoffnungsvolle Innovationen aus diesem Bereich ist die Definition weiterer Tarifanwendungsfälle (TAFs) im SMGw, die, wie beim TAF14, künftig eine hochgranulare Messung erlauben könnten und damit datengetriebene Geschäftsmodelle deutlich attraktiver machen würden.

Aktivitätsstufen und ihre Zuordnung zu künftigen Geschäftsfeldern (nach Abbildung im Gutachten zu TOP1: Verbraucher, Digitalisierung und Geschäftsmodelle)

Außerdem werden, wie auch in der Vergangenheit bereits angedacht, verschiedene Aktivitätsstufen der Energienutzung von Verbrauchern und Unternehmen möglichen Geschäftsfeldern gegenübergestellt. Hier geht es weniger um konkrete Produktmodelle als um das Anstoßen von Denkprozessen, wohin die Branche sich bewegen könnte. Die Stichworte E-Mobilität, Smart Home, Disaggregation uvm. dürfen da natürlich nicht fehlen. Mögen Sie, sobald sich auf dem Feld der Regulatorik einmal ein gewisser Fortschritt sowie eine größere Verlässlichkeit eingestellt hat, tatsächlich Anstoß für spannende Produktinnovationen sein.


Die Energiewende im Netz

Die Energiewende im Netz


Strategische Implikationen für Verteilnetzbetreiber aus dem veröffentlichten Gutachten zum Topthema 2 im Barometerprojekt: Regulierung, Flexibilisierung und Sektorkopplung.

Seit 2018 sind verschiedene namhafte Organisationen aus Wirtschaft und Wissenschaft vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie beauftragt, im sog. Barometerprojekt den Stand der Digitalisierung der Energiewende im Deutschland zu überwachen. Das bereits für Ende 2018 erwartete Gutachten zum Topthema 2 „Regulierung, Flexibilisierung und Sektorkopplung“ wurde nun veröffentlicht. Die Gutachter analysieren darin, welche Mechanismen dazu beitragen können, den sich verändernden zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Das Gutachten ist damit die Grundlage einer Ausgestaltung der erwarteten Verordnung zum §14a EnWG, liefert aber auch den Rahmen für die Weiterentwicklung vieler anderer Regelungswerke, deren Anpassung bisweilen durch verschiedene Entwicklungen notwendig geworden ist.

Das klassische Modell von Erzeugern auf der einen und Verbrauchern auf der anderen Seite ist Geschichte

Hintergrund ist im Kern die sich verändernde Situation auf der Lastseite. Verbraucher auf Niederspannungsebene haben neben dem weiterhin gut prognostizierbaren Haushaltsstromverbrauch zunehmend eigene Erzeugungsanlagen, teilweise mit Energiespeichern, im Einsatz, deren Einspeisung volatil ist. Hinzukommen mit der E-Mobilität, dem zunehmenden Einsatz von Wärmepumpen weitere Lasten, deren steigender Energieverbrauch -allen Bemühungen um Energieeffizienz zum Trotz- einen erheblichen weiteren Netzausbau werden notwendig machen. Besonders vor dem Hintergrund dieser größeren, volatilen, teilweise bidirektionalen Leistungsflüsse auf Niederspannungsebene, müssen die Netze stärker an ihren Leistungsgrenzen betrieben werden. Die bisher übliche Dimensionierung der Netze an der höchsten möglichen Last wäre dabei volkswirtschaftlich untragbar, so die Gutachter. Aus diesem Grund gelte es ein neuen Regulierungsrahmen zu schaffen, der eine bessere Auslastung der Netze verspreche, ohne in anderen Bereichen zu ineffizientem Verhalten oder aber Härtefällen für einzelne Netznutzer zu führen.

Das konkrete Modell möchte Flexibilität für Erzeuger und Lasten belohnen

Einer der wesentlichen Umsetzungsvorschläge des Gutachtens ist die Einteilung der angeschlossenen Netzkunden in flexible und unflexible Nutzer. Netzkunden, die über Flexibilitäten verfügen, sollen diese im künftigen Regime mit dem Ziel einer Reduktion des Netzausbaubedarfs zur Verfügung stellen und im Gegenzug durch erheblich geringere Netzentgelte profitieren. Eine solche Anpassung des Regulierungsregimes wäre indes für klassische Verbraucher, mit Jahresstromverbräuchen bis 6.000 kWh, die kaum über flexible Lasten verfügen, nicht von entscheidender Bedeutung. Anders stelle sich das Bild für die künftig erwarteten Anwendungsfälle dar, die im Zuge der Sektorkopplung und dem weiteren Anwachsen von dezentraler Einspeisung entständen. Wenn Verbraucher beispielweise eine Ladestation installieren, um ein Elektromobil regelmäßig zu laden oder eine Wärmepumpe im Haushalt installierten, wären konkrete Anreize für eine Nutzung von Flexibilitäten erforderlich, denn hinsichtlich der Frage, wann geladen wird, gebe es Spielraum.

In ihrer stochastischen Analyse entwickeln die Gutachter unterschiedliche Modelle einer Weiterentwicklung des Regulierungsregimes und simulieren die Situation typischer Verteilnetztopologien in der Zukunft. Das „Statische Bestellleistungssystem mit bedingter Netznutzung“ wird von den Gutachtern schließlich als optimales Regime bewertet. Dieses Modell honoriere in Verbindung mit der Spitzenglättung durch den Verteilnetzbetreiber die Bereitstellung von Flexibilität und verhindere übermäßigen Netzausbau. Der im Gutachten entwickelte Vorschlag, sieht die Einführung sog. bedingter Bestellleistungen und deren Integration über die Netzentgeltsystematik vor. Dieser sollte neben die für klassische Netzkunden erforderlichen unbedingten Bestellleistungen treten. Bedingte Bestellleistungen eröffneten dann die Spielräume zur „Spitzenkappung“ für Netzbetreiber. Netzbetreiber müssten sich ferner in der Zukunft dazu befähigen, bei Netzengpässen die verfügbare Leistung von Kunden auf die unbedingten Bestellleistungen zu reduzieren und die hierzu erforderlichen Technologien zu implementieren.

Wie geht es nun weiter?

Aus dem Gutachten ergeben sich eine ganze Reihe an Implikationen, bei denen die HORIZONTE-Group mit seinem Strategiespezialisten konsekwent unterstützt. Welche Anpassungen der IT und der eingesetzten Telekommunikationstechnik folgen daraus? Welche Pilotvorhaben machen jetzt Sinn, welche erst später? Wie gehen Verteilnetz- und Messstellenbetreiber die nächsten Schritte an?

Die Weiterentwicklung des Netzbetriebs betrifft die gesamte Organisation der EVUs. Für die Bewältigung der künftigen Aufgaben sind nicht nur die richtigen IT-Systeme erforderlich, auch die Kompetenzen des Personals und das Wissen über die Zusammenhänge innerhalb der Organisation ist über Jahre hinweg konsekwent zu entwickeln. Sollte es nun zu weiteren Verzögerungen kommen, droht automatisch deutlich höherer Aufwand im Ausbau der Netze.