Update CSRD-Umsetzungsgesetz


Die Diskussion um die Umsetzung des CSRD-Umsetzungsgesetzes (CSRD-UG) für Deutschland hat in den letzten Monaten für viel Unsicherheit gesorgt. Während in der deutschen Politik ein Durchbruch ausbleibt und auf EU Ebene bereits erste Gedankenspiele in Richtung eines konsolidierten Gesamtansatzes aufkommen (Stichwort: Omnibus) rückt die praktische Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend in den Fokus – wie jüngst auf dem ESG Excellence Forum 2024 der Sustaind GmbH sichtbar wurde. Doch werfen wir zunächst einen Blick auf die Entwicklungen der letzten Monate.

 

Die politische Blockade: Ein Rückblick auf 2024

Das Jahr 2024 hätte zum Startpunkt der CSRD-Umsetzung in Deutschland werden sollen. Doch politische Hürden und die Blockadehaltung einzelner Akteure, insbesondere der FDP, verhinderten einen Konsens. Mit einem Gesetz noch in diesem Jahr ist nicht mehr zu rechnen. Stattdessen steht fest: Das Thema wird in die nächste Legislaturperiode verschoben, mit der Wahrscheinlichkeit, dass 2025 das erste Geschäftsjahr wird, für das Unternehmen eine Nachhaltigkeitsberichterstattung leisten müssen.

Die Chronologie der Ereignisse verdeutlicht die politischen und administrativen Hürden:

Zeitlicher Verlauf des CSRD-UG

  • März 2024: Das Bundesministerium der Justiz legt den Referentenentwurf für das CSRD-UG vor.
  • Juli 2024: Nach Beratungen verabschiedet das Bundeskabinett einen „leicht entschärften“ Regierungsentwurf. Die Frist für eine nationale Umsetzung ist da schon verstrichen. Ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wird in Brüssel vorbereitet.
  • Ende September 2024: Der Entwurf wird in erster Lesung im Bundestag behandelt und an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Der politische Ruf nach einer inhaltlichen Aufweichung des Gesetzesvorhabens wird lauter – und das, obwohl bei der Umsetzung der CSRD in nationales Recht kaum Wahlmöglichkeiten bestehen.
  • Anfang November 2024: Die FDP, vertreten durch Bundesfinanzminister Christian Lindner, veröffentlicht das „Wirtschaftswende-Papier“. Inhaltlich fordert es ein Moratorium für neue Regulierungen, insbesondere für Maßnahmen, die aus dem Green Deal der EU hervorgehen. Diese Haltung führt letztendlich zum Aus der Ampel-Koalition.
  • Dezember 2024: Noch keine Empfehlung des federführenden Rechtsausschusses – ein entscheidender Schritt für die zweite und dritte Lesung im Bundestag und die anschließende Abstimmung im Bundesrat.

Mit nur wenigen verbleibenden Sitzungstagen und der politischen Blockadehaltung aller Parteien, ausgenommen SPD und Grüne, erscheint eine Verabschiedung in 2024 praktisch ausgeschlossen.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Die fehlende Umsetzung der CSRD in deutsches Recht bringt für Unternehmen unterschiedliche Konsequenzen, je nach Größe und Kapitalmarktorientierung:

  1. Kapitalmarktorientierte Unternehmen (Berichtspflicht ab Geschäftsjahr 2024)
  • Prüfungspflicht unklar: Die CSRD sieht erstmals eine Prüfungspflicht für Nachhaltigkeitsberichte vor. Ohne nationale Umsetzung fehlt jedoch die gesetzliche Grundlage, diese durchzusetzen.
  • Rechtsunsicherheit: Unternehmen müssen nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) berichten, könnten aber mit weniger strengen Anforderungen davonkommen.
  • Strategische Vor- und Nachteile: Unternehmen, die freiwillig strengere Standards anwenden, könnten Wettbewerbsnachteile durch höhere Kosten im Rahmen der Umsetzung erleiden. Andererseits können Unternehmen ohne regulatorischen Druck und Prüfungspflicht, die jetzt anstehende Berichtsperiode als Probelauf verstehen, Erfahrungen sammeln und aktiv gegenüber dem Gesetzgeber berichten sowie noch bestehende Lücken für den Gesamtprozess identifizieren.
  1. Nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen (Berichtspflicht ab Geschäftsjahr 2025)
  • Vorbereitung erschwert: Notwendige Anpassungen im HGB, die diese Unternehmen betreffen, sind noch nicht verabschiedet. Dies erschwert die rechtzeitige Einführung von Berichtsstrukturen. Zudem sind Anpassungen in den kommunalen Satzungen auf Länderebene ausstehend, die eine Verpflichtung von Unternehmen der öffentlichen Hand, handelsrechtlich als großes Unternehmen zu bilanzieren zu müssen, außer Kraft setzen sollen.
  • Investitionsrisiken: Unternehmen könnten Investitionen in die Einführung erforderlicher Systeme und Prozesse zum Datenmanagement zurückhalten sowie die Bereitstellung interner Ressourcen verzögern, was den Aufwand in 2025 stark erhöht.
  • Marktrisiken: Unternehmen ohne klare Nachhaltigkeitsstrategie könnten im internationalen Vergleich an Attraktivität verlieren.

Wirtschaftliche und politische Konsequenzen

  • Reputationsverlust Deutschlands: Als größte Volkswirtschaft der EU wirkt die Verzögerung wie ein Signal für mangelnden Willen zur Nachhaltigkeit.
  • Erhöhte Unsicherheit: Unternehmen und Wirtschaftsprüfer müssen ohne klare Vorgaben arbeiten, was zu Intransparenz und uneinheitlichen Standards führt.
  • Kostensteigerungen: Kurzfristig gesparte Ressourcen könnten langfristig durch Nachholbedarf und Ineffizienzen übertroffen werden.

 

Ein realistischer Ausweg? – Vorteile einer Verschiebung der CSRD-Berichtspflicht

Aus dem Markt kommen erste Impulse, die eine generelle Verschiebung der Berichtspflichten ins Spiel bringen. Diese könnte insbesondere mittelständischen Unternehmen Entlastung bieten, die bislang wenig Erfahrung mit der komplexen Nachhaltigkeitsberichterstattung haben. Der Unterschied zwischen nachhaltigem Handeln und der strukturierten Berichterstattung über Nachhaltigkeit wird dabei oft unterschätzt.

Vorteile einer Verschiebung könnten sein:

  • Mehr Vorbereitungszeit:
    • Unternehmen könnten qualitativ hochwertige, gesetzeskonforme und Berichte erstellen
    • Nachhaltigkeitsberichte liefern für das erstellende Unternehmen und Adressaten (Interessenten, Investoren, Banken, Versicherungen, etc.) gleichermaßen einen Mehrwert und sind nicht nur die Erfüllung regulatorischer Pflichten.
    • Praxiserfahrungen erleichtern den Einstieg und brancheneinheitliche Vorgaben könnten sich entwickeln
  • Reduzierte Belastungen:
    • Finanzielle und organisatorische Herausforderungen würden in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gemindert.
    • Besonders regulierungsintensive Branchen wie der Energiemarkt könnten entlastet werden.
  • Höhere Akzeptanz:
    • Mittelständische Unternehmen hätten mehr Zeit, sich mit den Anforderungen vertraut zu machen, was die Akzeptanz der Regulierungen fördern würde.
    • Nachhaltigkeitsberichterstattung könnte gezielter als Instrument für Transformation genutzt werden.
  • Unterstützung der Prüfungsqualität:
    • Wirtschaftsprüfer hätten mehr Zeit, sich auf die neuen Standards vorzubereiten, was die Qualität der Prüfungen verbessern würde.
  • Harmonisierung auf EU-Ebene:
    • Die EU könnte mit den Mitgliedstaaten einen einheitlichen, europaweiten Prüfungsstandard erarbeiten, der langfristig für mehr Konsistenz und Vergleichbarkeit sorgt.

Eine Verschiebung würde somit nicht nur den Unternehmen, sondern auch dem gesamten Ökosystem der Nachhaltigkeitsberichterstattung langfristige Vorteile bringen. Um ein Vertragsverletzungsverfahren kommt Deutschland ohnehin nicht herum … .

 

Die praktische Umsetzung: Kooperationen schaffen Sicherheit

Während die politische Umsetzung stockt, wächst in der Praxis der Druck, Antworten auf die vielen offenen Fragen der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu finden. Auch hier fokussieren sich die Fragen, die wir uns als HORIZONTE-Group GmbH im Sinne unserer Kunden stellen, auf den Mittelstand.

Ende November hatten wir dazu die Gelegenheit auf dem ESG Excellence Forum 2024 der Sustaind GmbH, mit den mehr als 100 teilnehmenden in sieben offenen Podiumsdiskussionen offen über die drängendsten Fragestellungen zu diskutieren.

Gegenstand der Diskussionen waren u.a.:

  • Wo ordnet sich die CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung in die aus dem Green Deal entwachsende Regulatorik (#EU-Taxonomie, #EUDR, #CSDDD und #LkSG, #Klimarisikoanalysen, etc.) ein und wie können Synergiepotenziale gehoben werden?
  • Wie können Unternehmen Datenstrukturen aufbauen, die auch zukünftigen Anforderungen gerecht werden?
  • Welche Rolle spielen Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Umsetzung der CSRD – sind sie Prüfer oder Berater oder beides?

 

Die Diskussionen machten eines deutlich: Es gibt längst nicht auf alle Fragen zufriedenstellende Antworten. Doch genau darin liegt auch eine Chance, neue Lösungen zu entwickeln und voneinander zu lernen.

Aus unserer Sicht entscheidend dafür ist, dass nicht jeder Einzelne die passende Lösung für sich finden muss, sondern der Weg zum ersten Nachhaltigkeitsbericht in einer Kooperation mit branchengleichen Partnern und in einem regelmäßigen Austausch angegangen werden kann. Bestätigt wird unser Handeln nicht nur im Rahmen hochkarätiger Austauschformate wie dem ESG Excellence Forum 2024, sondern auch in unseren CSRD-Projekten, in denen es uns gelingt Akteure aus dem Energiemarkt gemeinsam an einen Tisch zu holen und von den Erfahrungen des jeweils anderen profitieren zu lassen.

 

Fazit: Stillstand als Risiko und Chance

Während die Blockade des CSRD-UG kurzfristig Druck von Unternehmen nimmt, wird der europäische Rahmen bereits neu gestaltet – mit Chancen auf eine verringerte Bürokratie und schlankeren Strukturen, sowie weniger Redundanzen. Unternehmen, die ihre Berichtsstrukturen schon jetzt an die CSRD anpassen, können langfristig profitieren. Gleichzeitig zeigt der Stillstand, dass ambitionierte EU-Ziele oft an nationalen Hürden scheitern.

Wichtig: Unternehmen sollten laufende Projekte zur Vorbereitung auf die CSRD-Berichterstattung keinesfalls beenden oder pausieren. Die Berichtspflicht wird kommen – unklar ist lediglich, in welcher genauen Form und wann. Auch eine neue Bundesregierung wird das Gesetzesvorhaben im Jahr 2025 auf der Agenda stehen haben. Damit könnte 2025 das erste Geschäftsjahr werden, in dem Nachhaltigkeitsberichte verpflichtende zu erstellen sind.

Proaktives Handeln ist daher auch für Ihr Unternehmen entscheidend. Nutzen Sie die gewonnene Zeit, um Ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung strategisch und praxisnah zu planen. Starten oder intensivieren Sie jetzt Ihre Projekte, um qualitative Berichte zu erstellen, die nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen. Sprechen Sie mit unseren Expert:innen, knüpfen Sie mit uns gemeinsam Kooperationen und machen Sie Nachhaltigkeit zu Ihrer Stärke – unabhängig vom endgültigen Zeitplan! Wir als HORIZONTE-Group stehen Ihnen zur Seite!

Autor: Maximilian Schulz