Die Integration erneuerbarer Energien verdrängt fossile Brennstoffe in der Wärmeversorgung. Gleichzeitig fordert die Politik mehr Transparenz bei der Gestaltung von Fernwärmepreisen. Wie können Wärmepreisformeln in der Zukunft gestaltet werden, um diesen Anforderungen gerecht zu werden?


Suche nach der Preisformel der Zukunft

In der jüngsten Vergangenheit wurde die natürliche Monopolstellung der Fernwärmenetzbetreiber, hohe Preisunterschiede und die gefühlte Intransparenz bei der Fernwärmepreisbildung in den Medien kritisiert. Fernwärmenetzbetreiber haben jedoch im Zuge der Dekarbonisierung der Fernwärmenetze aktuell andere Probleme hinsichtlich der dem Fernwärmepreis zugrunde liegenden Preisformeln.

Während in der Vergangenheit häufig Erdgas den Hauptbestandteil der Fernwärmeerzeugung gebildet hat, werden in Folge der Dekarbonisierung multivalente Anlagenparks die Norm sein. Somit muss die Preisformel der Zukunft neben den Kosten für Erdgas auch Strom für Wärmepumpen, Biomasse, Abwärme und vieles mehr im Kostenelement abbilden. Da Preisformeln langfristig gebildet werden, besteht die Herausforderung darin, die wirklichen Einsatzmengen in der Wärmeerzeugung zu prognostizieren und die schrittweise Dekarbonisierung der Netze möglichst detailgetreu darzustellen.

Neben dem einheitlichen Arbeitspreis muss ein separater Emissionspreis ausgewiesen werden. Dieser gibt die Kosten für den Ausstoß von CO2-Emissionen in der Wärmeerzeugung an die Endkunden weiter und kann über verschiedene Berechnungsmethoden ermittelt werden. Zum Jahr 2024 erhöhte die Bundesregierung den CO2-Preis auf 45 €/t, was eine Mehrbelastung von etwa 0,816 Ct/kWh beim Erdgas bedeutet. In den nächsten beiden Jahren wird der CO2-Preis auf 55-65 €/t steigen, bevor die staatliche Deckelung ab dem Jahr 2027 wegfällt und der CO2-Preis am freien Markt bestimmt wird. Es gibt eine Vielzahl von Prognosen, wohin sich der CO2-Preis dann entwickeln wird. Im Jahr 2045 wird mit einem CO2-Preis in Höhe von etwa 400-600 €/t gerechnet, was eine Mehrbelastung auf eine kWh Erdgas in Höhe von etwa 7-9 Cent bedeutet. Fernwärmeversorger müssen sich so positionieren, dass sie die Endkunden von dieser Mehrbelastung schützen können.

Eine andere Fragestellung ist, ob ein Fernwärmepreis mit einer Preisformel über alle Fernwärmenetze und Contracting-Anlagen solidarisiert wird oder für jedes Netz bzw. jede Anlage separat berechnet wird. Jedes Netz weist verschiedene Voraussetzungen für die Integration von erneuerbaren Energien auf. Sollten alle Kunden eines Fernwärmenetzbetreibers einen übergreifenden Fernwärmepreis bezahlen oder aber Kunden in günstig gelegen Orten davon profitieren und einen geringeren Fernwärmepreis bezahlen?

Zudem haben viele Versorger noch immer kein Marktelement in den Wärmepreisformeln untergebracht und nutzen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs unwirksame Fernwärmeverträge. Hintergrund: Preisänderungsklauseln in Fernwärmeverträgen müssen sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen („Kostenelement“) als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt („Marktelement“) angemessen berücksichtigen (vgl. § 24 Absatz 4 AVBFernwärmeV). So soll eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung gewährleistet werden.

 

Fernwärmepreistransparenz – Vergleichsplattform für Fernwärmepreise kommt im April 2024

Verbraucher*innen sollen bald bundesweit die Preise für Fernwärme vergleichen können. Ab April wird ein Portal eingeführt, auf dem etwa 150 Fernwärmeunternehmen gelistet sein sollen, wie Kerstin Andreae, die Geschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), mitteilte. Neben dem BDEW beteiligen sich auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und die Arbeitsgemeinschaft Fernwärme an der Vergleichsplattform. Aufgrund der teilweise sehr unterschiedlichen und schwer nachvollziehbaren Preise für Fernwärme, gab es in der Vergangenheit immer wieder Kritik, auf die die Anbieter nun reagieren. Auf der neuen Plattform sollen die Preise daher in standardisierter Form veröffentlicht werden, um sie besser vergleichbar zu machen.

 

Indexrevision der Erzeugerpreisindizes gewerblicher Produkte

Die Entwicklung der Fernwärmepreise hängt von den genutzten Indizes ab, welche u.a. die Preisentwicklung von verschiedenen Gütern, Rohstoffen, aber auch Wärme am Markt abbilden. Diese werden von Institutionen, wie z.B. dem Statistischen Bundesamt in festgelegten Abständen veröffentlicht.

Am 8. März 2024 wurde die überarbeitete Version des Erzeugerpreisindex (Genesis-Tabellencode: 61241) durch das Statistische Bundesamt veröffentlicht. Dadurch werden wichtige Indizes angepasst, die oft von Fernwärmeversorgern in Preisgleitformeln genutzt werden. Zu diesen gehören hauptsächlich Erdgasindizes und der Investitionsgüterindex. Daher sollten betroffene Versorger nach der Indexüberarbeitung ihre Fernwärmeverträge und Preisblätter entsprechend anpassen.

Das Statistische Bundesamt überarbeitet den Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte (Genesis-Tabellencode: 61241) alle fünf Jahre turnusmäßig. Die letzte Umstellung erfolgte auf das Basisjahr 2015=100. Aufgrund einer EU-Verordnung wird nun jedoch auf das Jahr 2021=100 statt 2020=100 umgestellt. Das bedeutet konkret, dass der Durchschnittswert des Jahres 2021 auf 100 festgelegt wird. Zudem wird eine Neugewichtung der Warenkörbe durchgeführt, um die Marktzusammensetzung des Basisjahres 2021=100 widerzuspiegeln. Basierend darauf berechnet das Statistische Bundesamt jeden Monat aktualisierte Indexwerte für die kommenden Jahre. Die alten Indexwerte auf Basis des Jahres 2015=100, die zwischen dem neuen Basisjahr 2021=100 und dem Veröffentlichungsdatum der neuen Werte am 8. März 2024 veröffentlicht wurden, werden ersetzt und verlieren ihre Gültigkeit. Werte vor 2021 werden nicht anhand des aktualisierten Wägungsschemas neu berechnet, sondern lediglich auf das neue Basisjahr umgerechnet.

Durch die Aktualisierung der alten Indexwerte müssen möglicherweise die in den Preisgleitformeln verwendeten Basiswerte der Indizes in den Preisbedingungen oder Verträgen geändert werden. In der Vergangenheit gab es bei Umstellungen gelegentlich Probleme, da alte Werte (insbesondere vor 2021) erst nachträglich neu veröffentlicht wurden. Abhängig vom Index und dem Basiszeitraum, auf den Bezug genommen wird, können unterjährige Preisanpassungen problematisch sein, da die Indexwerte für den Basiszeitraum noch nicht bekannt sind. Darüber hinaus können unter Umständen einzelne Indizes (insbesondere „tiefe“ Indizes wie 9-Steller) aufgrund der Aktualisierung des Wägungsschemas ersatzlos gestrichen werden. Versorger, die einen solchen Index in ihren Preisbedingungen verwenden, müssen daher notwendigerweise auf einen anderen Index umsteigen. Der Spielraum für solche Änderungen ist individuell und hängt von der genauen Vertragsgestaltung ab, die rechtlich geprüft werden muss.

 

Autor: Julian Hackert