Verpflichtender Rollout von Steuereinheiten erst nach 2026 umsetzbar


Pressemitteilung

Die HORIZONTE-Group veröffentlicht eine aktuelle Analyse zum Steuern in der Niederspannung. Das Fazit: Der Start des Massen-Rollouts von Steuereinheiten bei Neuanlagen ist 2026 nicht erreichbar und die Branche benötigt realistische Fristen sowie eine Korrektur regulatorischer Vorgaben.

Berlin, 20. November 2025. Die Beratungsgesellschaft HORIZONTE-Group veröffentlichte in Berlin die Ergebnisse ihrer Technischen Studie 2.0 – Steuern in der Niederspannung. Die Untersuchung analysiert den aktuellen Umsetzungsstand des Steuerungsrollouts und bewertet, ob und wie Verteilnetzbetreiber (VNB) und Messstellenbetreiber (MSB) die gesetzlich formulierten Anforderungen erfüllen können. Das wichtigste Ergebnis: Der verpflichtende Start in den Massen-Rollout von Steuereinheiten für neu installierte steuerbare Anlagen (Erzeugung und Verbrauch) ist mit dem derzeitigen Stand der Systeme und Prozesse nicht realistisch umsetzbar. Erforderlich ist eine Verschiebung der Fristen um ein Jahr von 2026 auf 2027 – sowie eine inhaltliche Anpassung der gesetzlichen Vorgaben, wie beispielsweise die Honorierung eines netzdienlich fokussierten Rollouts.

Technische und organisatorische Engpässe bremsen den Rollout

Die Studie identifiziert drei wesentliche Hürden für den Steuerungsrollout:

  • Erstens sind die ERP-Systeme der VNB und MSB nicht ausreichend ertüchtigt, insbesondere fehlen ein konsistentes Datenmodell für Steuereinheiten sowie die durchgängige Schnittstellenanbindung von Umsystemen.
  • Zweitens sind die Montage- und Inbetriebnahmeprozesse an Kundenanlagen – besonders im Zusammenspiel zwischen Installateuren und MSB-Monteuren – bislang nicht massentauglich erprobt.
  • Drittens bestehen erhebliche Unsicherheiten in der WAN-Kommunikation, da der heute in der Regel eingesetzte öffentliche Mobilfunk häufig nur unzureichende Erreichbarkeiten von Gateways und Steuereinheiten ermöglicht. Für alternativ zur Verfügung stehende Technologien müssen umfassendere Erfahrungen erst gesammelt werden

Die Studie der HORIZONTE-Expert*innen empfiehlt daher, die im Gesetz vorgesehenen Fristen für den Steuerungsrollout von steuerbaren Neuanlagen von Ende 2026 auf Ende 2027 zu verlängern. Zudem sollten Leistungsgrenzen für Erzeugungsanlagen zwischen Messstellenbetriebsgesetz (MsbG), Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) harmonisiert werden und das Segment der 2-7-kW-Anlagen zumindest einstweilen von der Verpflichtung zur Wirkleistungsbegrenzung (gem. §9 EEG) und Steuerbarkeitscheck (gem. §12 Abs. 2 EnWG) ausgenommen werden. Angesichts der heterogenen Netzsituationen – von eher problemlosen urbanen Netzen in Norddeutschland bis zu Netzen an der Leistungsgrenze in manchen ländlichen Gebieten in Süddeutschland – plädiert die Studie außerdem für eine stärker netzorientierte Ausbringung der Steuertechnik statt eines rein flächendeckenden Rollouts.

Stufenmodell zeigt technischen Pfad bis 2028

Mit der Technischen Studie 2.0 entwickelt die HORIZONTE-Group ein vierstufiges Modell für die Jahre 2025 bis 2028: Vom technischen Durchstich über eine funktionsfähige Steuerung und eine massenfähige Umsetzung bis hin zur vollumfänglichen Ende-zu-Ende-Netzsteuerung. Das Stufenmodell beschreibt dabei, welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen in welcher Reihenfolge für einen erfolgreichen Steuerungsrollout in welcher Phase geschaffen werden müssen.

„Die Branche steht vor einem massiven Transformationsschritt. Es wurde bereits viel erreicht und der Steuerungsrollout schreitet – entgegen dem um mehrere Jahre verzögerten Rollout von intelligenten Messsystemen – auch mit vergleichsweise moderaten Verzögerungen voran. Unsere Analyse zeigt jedoch, dass der aktuelle Zeitplan zu ambitioniert ist und Anpassungen notwendig sind, um einen wirksamen Steuerungsrollout, ohne zu viele Umgehungslösungen sicherzustellen“, sagt Dr. Roland Olbrich, Partner der HORIZONTE-Group und Gesamtverantwortlicher für die Studie. Frank Hirschi, Manager und Mitautor der Studie, ergänzt: „Die Engpässe sind klar benannt. Entscheidend ist nun, dass Politik, Hersteller, IT-Systemhäuser sowie MSB und VNB gemeinsam einen verlässlichen Pfad für die kommenden Jahre definieren. Kunden und Installateure sind zudem frühzeitig für eine Vorbereitung der Zählerplätze und einen effizienten Anschluss von steuerbaren Anlagen vor Ort einzubeziehen.“

Bedeutung des Rollouts für die Energiewende

Eine funktionierende Steuerbarkeit in der Niederspannung ist ein zentraler Baustein der Energiewende. Nur wenn Systeme, Prozesse und regulatorische Rahmenbedingungen konsequent weiterentwickelt werden, kann die Branche die wachsende Zahl dezentraler Erzeuger und Verbraucher effizient integrieren und Netzengpässe wirksam vermeiden. Jochen Buchloh, Senior Partner der HORIZONTE-Group fasst somit zusammen: „Die Smart-Meter-Infrastruktur entwickelt sich von der reinen Messdatenerfassung zur Steuerbarkeit weiter. Somit werden steuernde Eingriffe von Netzbetreibern, aber auch marktlichen Teilnehmern, ermöglicht. Hier wurden innerhalb kurzer Zeit hervorragende Fortschritte auf allen Ebenen erreicht. Jedoch hat die Gesetzgeberin unrealistische zeitliche Fristen für den Aufbau der Infrastruktur formuliert. Daher sind hier Anpassungen erforderlich, um das Gesamtziel einer flexiblen und nachhaltigen Netzinfrastruktur so schnell wie möglich und mit den richtigen Prioritäten zu erreichen.“

Impulse aus der Branche bei der Abschlussveranstaltung

Im Rahmen der Abschlussveranstaltung gaben drei Branchenvertreter zusätzliche Einblicke in ihre Organisationen. Andreas Hergaß, Vorstand der Stadtwerke Gießen, zeigte auf, wie Stadtwerke ihre Aufbau- und Ablauforganisation gezielt weiterentwickeln müssen, um die Digitalisierung der Energiewende wirksam zu unterstützen. Dr. Gert Schneider, Senior Produktmanager der GWAdriga, berichtete über den bereits erreichten technischen Durchstich mit ersten Steuereinheiten im Wirkbetrieb auf Basis von Workarounds zw. ERP- und CLS-Management-System und erläuterte, dass diese zwar wertvolle Erfahrungen liefern, jedoch wirtschaftlich nicht für einen Massenrollout geeignet sind. Dr. Nick Seeger, Mitglied der Geschäftsführung der Bayernwerk Netz, stellte die besonderen Herausforderungen eines solarspitzengeprägten Netzgebiets dar und betonte, dass der Weg zur massenfähigen Steuerung nur über einen mehrstufigen, strukturierten Pfad gelingen kann.

Fundiertes Wissen durch Beratungserfahrung und Experteninterviews

Die aktuelle Technische Studie 2.0 – Steuern in der Niederspannung ist die Nachfolge-Analyse der im Jahr 2024 von der HORIZONTE-Group veröffentlichten Technischen Studie Metering gMSB. Auch die Technische Studie 2.0 überzeugt durch die fachliche Tiefe der Analyse. Diese basiert auf zwei zentralen Säulen: Zum einen verfügt die HORIZONTE-Group über umfassende Beratungserfahrung in (MSB- und VNB-seitigen) Umsetzungsprojekten zur Realisierung der Steuerbarkeit in der Niederspannung. Das Team kennt somit operative, technische und wirtschaftliche Herausforderungen aus erster Hand. Zum anderen fließen umfangreiche Erkenntnisse aus einer Marktbefragung von 75 Expert*innen sowie 38 Tiefeninterviews mit Branchenvertretern ein, die seit Juni 2025 geführt wurden. Ergänzt wird dies durch den unabhängigen, marktübergreifenden Blick des Teams, der eine realistische Einordnung aktueller Entwicklungen ermöglicht.

Hintergrundinformationen:

Die HORIZONTE-Group GmbH mit Sitz in Monheim am Rhein ist ein Beratungsunternehmen im Bereich der Energiewirtschaft für Unternehmen in Deutschland. Sie ist ein Tochterunternehmen der HORIZONTE-Group AG mit Sitz in Luzern. Von dort aus bedient die Gruppe die gesamte DACH-Region mit Services für den Energiesektor. Das Unternehmen verfügt über eine große Markterfahrung und ist in der Energiewirtschaft breit vernetzt. Neben ihrem Schwerpunkt in der Beratung ist die Unternehmensgruppe in der Zählermontage, der Energieeinsatzoptimierung, dem Aufbau von Ladeinfrastrukturen für die E-Mobilität, der Software-Entwicklung sowie im Bereich des Business Process Outsourcings aktiv.

Die vollständige Studie kann unter folgendem Link angefordert werden:
https://www.horizonte.group/studie2025/

Kontakt:

studie@horizonte.group
HORIZONTE-Group GmbH
Mittelstraße 11
40789 Monheim am Rhein
www.horizonte.group