Der neue Steuer-TÜV


Was steckt hinter dem neuen Steuer-TÜV?

Mit der EnWG-Novelle vom 25. Februar 2025 verpflichtet § 12 Abs. 2 EnWG alle Netzbetreiber zur Durchführung eines jährlichen Steuerbarkeitschecks – ein Instrument zur Überprüfung der tatsächlichen Steuerbarkeit angeschlossener Erzeugungs- und Speicheranlagen.. Ziel ist es, Netzsituationen mit lokalem Erzeugungsüberschuss frühzeitig zu erkennen und steuernd einzugreifen, bevor Versorgungssicherheit gefährdet wird – etwa durch ungeplante Einspeisung trotz negativer Strompreise. Dieser sogenannte Steuerbarkeitsnachweis betrifft ab 2025 zunächst alle Erzeugungsanlagen und Speicher mit mehr als 100 kW Nennleistung. Ab 2026 wird der Anwendungsbereich auf kleinere Erzeugungsanlagen (> 7 kW) und steuerbare Verbrauchseinrichtungen nach erweitert.

 

Wen betrifft die Nachweispflicht konkret – und wer liefert welche Daten?

Anschlussnetzbetreiber organisieren die Tests dezentral, müssen diese aber bis spätestens 30. September abgeschlossen und dokumentiert haben sowie an den jeweiligen vorgelagerten Netzbetreiber gemeldet haben. Die Auswahl der testpflichtigen Anlagen basiert auf den Angaben im Marktstammdatenregister und wird durch die ÜNBs vorab zur Verfügung gestellt.

Anlagen mit rein temporärer Steuerbarkeit – z. B. zur Netzerhaltung – sind davon ausgenommen. Für einen funktionierenden Prozess der Datenübermittlung ist die Zusammenarbeit mit dem grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB) entscheidend: Dieser muss den aktuellen Stand des iMSys-Rollouts an den VNB melden, damit betroffene Anlagen rechtzeitig identifiziert werden können.

 

Was genau muss nachgewiesen werden – und wie?

Der Gesetzgeber verlangt vom Anschlussnetzbetreiber einen Nachweis, dass ein Steuerbefehl gegenüber der Anlage abgesetzt und eine messtechnische Reaktion hervorgerufen wurde. Doch sind nur erfolgreich getestete Anlagen im Steuerbarkeitscheck vorgesehen? Kommt es zu keiner oder nur unzureichend belegten Reaktion, ist eine Ursachenanalyse anzustoßen und ebenfalls zu dokumentieren.

Als Nachweis anerkannt sind:

  • Inbetriebnahmetests,
  • Redispatch-Maßnahmen,
  • gezielte Testeingriffe im Meldezeitraum.

Die Leitlinien der Übertragungsnetzbetreiber (Link) bieten hierfür konkrete Anhaltspunkte, welche Anlagen einzubeziehen sind und unter welchen Umständen ein erneuter Testnachweis entfallen kann.

 

Wie funktioniert der Nachweis technisch?

Der gMSB muss sicherstellen, dass Messwerte wie IST-Einspeisung und Wirkleistung (perspektivisch auch Blindleistung) der identifizierten Anlagen zuverlässig bereitgestellt werden – typischerweise über die Kommunikation von Messwerten vom TAF 9 und TAF 10. Es ist davon auszugehen, dass die alleinige Bereitstellung von Messwerten vom Typ TAF 7 für einen Nachweis nicht ausreichen.
Der VNB wiederum muss in der Lage sein, diese Daten in seinen Netzleitsystemen zu verarbeiten, auszuwerten und mit Netzsteuerungsdaten zusammenzuführen.

Auch wenn der Steuerbarkeitscheck vorrangig die Wirkleistungssteuerung betrifft, sollen Netzbetreiber zusätzlich angeben, ob die betroffenen Anlagen grundsätzlich zur Blindleistungsbereitstellung in der Lage sind – ein Aspekt, der in den Leitlinien als „wünschenswert, aber nicht verpflichtend“ beschrieben wird.

Melde- und Plausibilisierungsprozess

Aus § 12 EnWG und den Leitlinien ergibt sich eine komplexe Fristen- und Meldekette bis hin zur BNetzA:

  • Messstellenbetreiber melden Daten an VNB
  • VNB führen Test durch
  • Daten gehen an vorgelagerte Netzbetreiber zur Plausibilisierung
  • ÜNB erstellt jährlichen Bericht für BMWK & BNetzA (bis 30.11.)
https://www.netztransparenz.de/de-de/Systemdienstleistungen/Betriebsfuehrung/Leitlinien-Steuerbarkeitscheck-nach-12-Abs-2-d-EnWG
Leitlinien Steuerbarkeitscheck nach § 12 Abs. 2 d EnWG via www.netztransparenz.de

 

Was ist jetzt zu tun?

Der Steuerbarkeitscheck ist keine rein regulatorische Formalität, sondern ein operatives Werkzeug zur aktiven Netzbewirtschaftung in Zeiten hoher Erzeugungsvolatilität. Die Testpflicht wird jährlich wiederkehren und künftig deutlich mehr Anlagen umfassen. Messstellen- und Netzbetreiber sollten deshalb frühzeitig auf (teil-)automatisierte Prozesse zur Identifikation, Steuerung und Dokumentation setzen, um Aufwände in den betroffenen Fachabteilungen und Fehlerquellen möglichst gering zu halten.

Die HG-Roadmap zur Umsetzung Steuern in der Niederspannung

Sie haben Fragen oder sind sich in der Durchführung des Steuerbarkeitschecks unsicher?
Wir helfen Ihnen gern weiter – sprechen Sie uns an.

Autor: Maximilian Schulz