Der Wasserstoffhochlauf in Deutschland braucht Planungssicherheit

Ein Bericht von Carlo Weckelmann über den Wasserstoffkongress HY.SUMMIT.Rhein.Ruhr 2024


Was die Fachtagung verspricht  

Im Ruhrgebiet herrscht Aufbruchstimmung: Die Wasserstoffwirtschaft nimmt Fahrt auf. Vom 16. bis 18.09.2024 trafen sich Politiker, Wissenschaftler und Wirtschaftsunternehmen zum Thema Wasserstoff beim HY.SUMMIT.Rhein.Ruhr in den Ruhrgebietsstädten Duisburg, Dortmund und Essen. Den Beginn machte Duisburg, wo Wirtschaftsminister Robert Habeck auf dem Schiff RheinGalaxie auf dem Rhein eine Rede hielt. Bereits im letzten Jahr war er anwesend und rief dazu auf, mutig das Thema Wasserstoff anzugehen. Dieses Jahr zieht er in seiner Rede ein positives Resümee, in dem er auf den gelungenen Aufbruch hinwies, aber auch zur Aufnahme von Geschwindigkeit beim Wasserstoffhochlauf aufrief.

Am zweiten Tag des HY.SUMMIT lag der Fokus auf der Wasserstofferzeugung und -verteilung. Dabei wurde deutlich, dass sowohl in der Erzeugung als auch in der Verteilung dringend Geschwindigkeit aufgebaut werden muss – beispielsweise sind bislang nur etwa 0,6 GW der für 2030 geplanten 10 GW an Elektrolyseleistung in Deutschland erreicht.

Ein wesentlicher Kritikpunkt bleibt die Planungssicherheit, die von der Politik gewährleistet werden muss. Damit verbunden stellt die Finanzierung eine weitere Herausforderung dar. Industrieunternehmen müssen bei Investitionen auf ihre Wirtschaftlichkeit achten. Eine verbindliche Abnahme des Wasserstoffs auf der einen Seite und eine verbindliche Bereitstellung auf der anderen Seite sind notwendig, um den Hochlauf zu sichern.

Während die Fernleitungsnetzbetreiber das Kernnetz bei der BNetzA eingereicht haben und somit den Grundstein für das Wasserstoffnetz in Deutschland gelegt haben, zeigen die Gasverteilnetzbetreiber unterschiedliche Herangehensweisen: Einige sind Vorreiter, andere zögern noch. Doch gerade jetzt ist Handeln gefragt. Die Transformation der Gasnetze benötigt Vorlauf- und Umsetzungszeit, die nicht vernachlässigt werden darf. Jeder Gasverteilnetzbetreiber sollte Erfahrungen aus Pilotprojekten sammeln. Zusätzlich sollten Gespräche mit potenziellen Kunden geführt werden, um den Bedarf und die Dringlichkeit hinsichtlich Wasserstoff zu ermitteln und strategische Entscheidungen zur Zukunft des Erdgasnetzes zu treffen.

Carlo Weckelmann betont die Wichtigkeit solcher Veranstaltungen zum Vernetzen, Austauschen und Weiterbilden im Bereich Wasserstoff. „Innerhalb der Wasserstoffbranche spürt man den Willen und Schulterschluss zur Umsetzung, das wurde in den letzten Tagen besonders deutlich. Jetzt gilt es auch alle anderen betroffenen Parteien außerhalb der “Wasserstoffbubble“ zum Thema Wasserstoff abzuholen und zu involvieren. Der Fokus liegt derzeit stark auf der energieintensiven Großindustrie, insbesondere der Stahlbranche, doch auch kleine Betriebe müssen einbezogen werden.“

Dieser Aufbruch im Ruhrgebiet zeigt: Die Wasserstoffwirtschaft ist auf dem Weg, eine zentrale Rolle in der Energiewende zu spielen. Es bleibt spannend, wie schnell die notwendigen Schritte umgesetzt werden können.

Wir als HORIZONTE-Group unterstützen Sie bei diesen wegweisenden Gesprächen mit Kommunen, Kunden und anderen Netzbetreibern sowie bei strategischen Fragestellungen im Kontext Wasserstoff. Auch unterstützen und begleiten wir in Wasserstoffprojekten im Projektmanagement.

Wir freuen uns auf einen regen Austausch und stehen Ihnen für weitere Fragen gerne zur Verfügung:

Autor: Carlo Weckelmann


Nachklapp: BDEW-Fachtagung Messwesen 2024

BDEW-Fachtagung rund um den Messstellenbetrieb in Hannover


Was die Fachtagung verspricht  

Die BDEW-Fachtagung „Messwesen 2024“ bot eine umfassende Übersicht zu dem Status quo und den anstehenden Aufgaben und Herausforderungen, denen sich Messstellenbetreiber (MSB) im Zuge des Smart-Meter-Rollouts stellen müssen. Dieses Jahr fand die Veranstaltung vom 11. bis zum 12. September in Hannover statt. Unsere HG-Experten Jochen Buchloh und Frank Hirschi durften am ersten Veranstaltungstag einen Vortrag zur Technische Studie Metering gMSB halten und dabei ableiten, was grundzuständige MSB nun tun müssen. Im Folgenden berichten wir über die Erkenntnisse aus der niedersächsischen Hauptstadt.

Die anstehenden Herausforderungen 

Der verpflichtende Smart-Meter-Rollout schreibt vor, dass bis Ende des Jahres 2025 20% aller Messstellen mit intelligenten Messsystemen (iMSys) ausgestattet sein müssen. Gleichzeitig ist dann auch der Einbau auf Verlangen der Endkunden sicherzustellen. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Umsetzung der Steuerung, bei der die ersten BSI-zertifizierten Steuerboxen bis Ende 2024 verfügbar sein sollen. Gleichzeitig müssen die Marktprozesse zur Übermittlung von Steuerbefehlen spezifiziert werden, um die Integration intelligenter Steuerungssysteme zu ermöglichen. Eine besondere Herausforderung stellt die Beteiligung der Endkunden an der Energiewende dar. Dies umfasst die Einführung dynamischer Tarife, die Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage sowie die Schaffung transparenter und verbraucherfreundlicher Strukturen. Hierbei steht die aktive Mitgestaltung durch die Verbraucher im Fokus, welche die Akzeptanz und den Erfolg der Energiewende maßgeblich beeinflussen wird. Parallel dazu besteht großer Handlungsbedarf bei der Anpassung des Rechtsrahmens. Der Messstellenbetrieb benötigt klare und faire Regelungen, um den Rollout wirtschaftlich gestalten zu können. Dies umfasst beispielsweise die Anpassung des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) inklusive der aktuell nicht wirtschaftlichen Preisobergrenzen, um die gesetzlichen Vorgaben zur Digitalisierung der Energiewende zu erfüllen.

Regulatorische, technische und wirtschaftliche Entwicklungen 

Der Vortrag von Jens Lück, Bundesnetzagentur (BNetzA), behandelte die regulatorischen Herausforderungen des Rollouts. Besonders hervorgehoben wurde im Kontext des Festlegungsverfahren nach § 14a EnWG, dass die Verteilnetzbetreiber (VNB) und Messstellenbetreiber  ihre Marktkommunikationshausaufgaben zeitnah bewältigen müssen. Dabei betonte Herr Lück, dass die Voraussetzungen für die Sichtbarkeit in der Niederspannung schnellstmöglich geschaffen werden müssen, u. a. weil die Solarspitzen bereits dieses Jahr ein deutlicher kritischer Fingerzeig waren. Ein weiteres zentrales Thema war die Verarbeitung der Zählerstandsgangwerte (ZSG) nach DSGVO, bei der MaLo- und MeLo-IDs als kritisch durch den Bundesdatenschutzbeauftragten eingestuft wurden. Bis 2030 dürfen die IDs noch genutzt werden, jedoch müssen die Empfänger sicherstellen, dass diese nicht mit personenbezogenen Informationen verknüpft werden – hier sind vermutlich Anpassungen in IT-Systemen der EVUs notwendig. Zudem wurden Messkonzepte und Berechnungen sowie die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung diskutiert. Hier wurde verdeutlicht, dass diese keine Frage des Netzanschlusses sind, sondern eine Modalität des Netzzugangs. Die BNetzA-Meinung, dass eine Unmöglichkeit nicht mehr anzunehmen sein dürfte, wenn eine gewünschte Netzzugangsmodalität (Messkonzept, Berechnungsformel, bspw. Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung) irgendwo bei einem einzigen Netzbetreiber bereits in Verwendung ist, wird viele VNBs und MSBs ins Grübeln kommen lassen. Auch eine (noch) fehlende Einrichtung des eigenen IT-Systems für vollautomatische, massengeschäftstaugliche Abwicklung stellt aus BNetzA-Sicht demnach keine Unmöglichkeit dar. Die Steuerbarkeit über intelligente Messsysteme wurde ebenfalls hervorgehoben, insbesondere die dringende Notwendigkeit, die Solarspitzen in den Griff zu bekommen.

Dennis Laupichler vom BSI ging auf die Weiterentwicklung der BSI-Standards nach dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) ein. Ein wichtiger Meilenstein ist die geplante Verabschiedung der TR-03109-1 und des Smart-Meter-Gateway-Schutzprofils (SMGw-PP) am 13. Dezember 2024. Besonders spannend war der Stand der Zertifizierung von neun Controllable-Local-Systems (CLS)-Produkten verschiedener Hersteller (PPC, Theben, VIVAVIS, Swistec, Prolan und Techem). Ein weiterer Diskussionspunkt war der digitale Netzanschluss, der die Steuerung in das Smart-Meter-Gateway (SMGw) integrieren soll. Die Branche konnte bis zum 20. September das BSI-Impulspapier dazu kommentieren. Der BSI-Vorschlag sieht eine zweite Schnittstelle vor. Sollte dies realisiert werden, dürften auch Anpassungen in den IT-Systemen (bspw. GWA-System) notwendig sein. Darüber hinaus wurde die Einführung eines neuen Leitfadens für die sichere Lieferkette (SiLke) im vierten Quartal 2024 angekündigt.

Adrian Loets vom BMWK betonte in seinem Vortrag, dass der Systemnutzen des Rollouts im Vordergrund stehen muss, wobei die „Komplexität nicht erhöht und bestenfalls reduziert“ werden soll. Das Steuern wird nach BMWK-Ansicht langfristig eine Standardleistung des MSB, in dem Sinne, dass dieser eine zentrale Rolle als Infrastrukturbetreiber übernehmen soll und damit Anlagenbetreiber entlastet, indem iMSys und Steuerungstechnik vom MSB gestellt und betrieben werden. Das BMWK arbeitet daran, ungerechtfertigte Benachteiligungen von grundzuständigen MSBs (gMSB) zu beseitigen und die Wirtschaftlichkeit des Rollouts zu stärken. Ziel ist weiterhin, dass bspw. POG-Anpassungen bestenfalls im Rahmen einer Gesetzesanpassung (und nicht durch eine Verordnung) zum Start des Pflichtrollouts ermöglicht werden. Eine Anpassung bis zur Veröffentlichungspflicht für Preisblätter am 30. September 2024 erscheint jedoch nicht realistisch.

Viele weitere spannende Vorträge und natürlich auch die Diskussionen mit Branchen-Expert*innen vor Ort sowie bei der Abendveranstaltung haben wieder einmal gezeigt, wie wertvoll derartige Fach-Veranstaltungen sind.

Wir freuen uns auf einen regen Austausch und stehen Ihnen für weitere Fragen gerne zur Verfügung:

 
HG-Experten Jochen Buchloh (rechts) und Frank Hirschi (links) gaben Einblicke in die Technische Studie Metering gMSB der HORIZONTE-Group.

Autor: Frank Hirschi


Geplante Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG)

Referentenentwurf zum EnWG


Am 28. August 2024 präsentierte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Ziel ist die Anpassung an europäische Vorgaben zur Modernisierung des Elektrizitätsmarktdesigns und zur Förderung der Energiewende.

Zentrale Änderungen:

  1. Energy Sharing (§ 42c EnWG): Ab Juni 2026 wird es Haushalten und kleinen Unternehmen möglich sein, innerhalb eines Verteilnetzes gemeinsam Energie zu nutzen. Ab 2028 können sogar Teilnehmer aus benachbarten Netzen eingebunden werden. Dies fördert die Bildung von Energiegemeinschaften und schafft neue Möglichkeiten für regionale Energieversorgung.
  2. Dynamische Tarife (§ 41a EnWG): Die Gesetzesnovelle erweitert die Regelungen zu dynamischen Tarifen, die ab dem 1. Januar 2025 verfügbar sein sollen. Hierbei werden Preisstrukturen flexibler gestaltet, sodass Verbraucher besser von Preisänderungen am Strommarkt profitieren können. Die neuen Regelungen sollen die Entwicklung innovativer dynamischer Stromprodukte erleichtern.
  3. Netzausbau und Netzregulierung: Der Ausbau des Stromnetzes wird durch die Aufnahme von 60 neuen Projekten in den Bundesbedarfsplan beschleunigt. Zudem wird ein einheitliches Netzanschlussportal geschaffen, das den Anschlussprozess für Unternehmen und Haushalte vereinfacht. Der neue § 20b EnWG sieht vor, dass Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen ab dem 1. Juli 2025 eine gemeinsame, bundesweit einheitliche Internetplattform aufbauen und betreiben müssen. Diese soll ab Juli 2026 genutzt werden, um wichtige Netzzugangsprozesse, wie die Verwaltung von Zählpunkten, Verrechnungskonzepten und Registrierungen zentral abzuwickeln.
  4. Regelungen zur Preisweitergabe (§ 41 EnWG): Künftig dürfen Änderungen der Netz- und Messentgelte automatisch an die Endverbraucher weitergegeben werden, ohne dass den Verbrauchern ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt werden muss. Dies reduziert die bürokratischen Hürden und erleichtert die Anpassung an sich verändernde Netzgebühren.
  5. Verbraucherschutz und Preisstabilität: Ein zentrales Ziel der Novelle ist es, die Strompreisschwankungen zu verringern und den Verbraucherschutz zu stärken. Dazu wird eine neue Legaldefinition für Festpreisverträge in § 3 EnWG eingeführt, um sicherzustellen, dass stabile, langfristige Energiepreise angeboten werden können.

Die Änderungen zielen darauf ab, die Energiewende voranzutreiben, die Energieversorgung effizienter zu gestalten und Verbrauchern mehr Flexibilität und Schutz im Energiemarkt zu bieten. Der Entwurf befindet sich derzeit in der Anhörungsphase, wobei interessierte Parteien bis zum 10. September 2024 Stellungnahmen einreichen konnten. Wann die endgültige Verabschiedung des Gesetzes erfolgt, ist noch nicht genau abzusehen.

Weiterführende Informationen finden Sie auf der BMWK-Website.

Wir freuen uns auf einen regen Austausch und stehen Ihnen für weitere Fragen gerne zur Verfügung:

 

Autor: Frank Hirschi

 


Neue Version des Merkblatts "Plattform für Abwärme" veröffentlicht

Die am 09.08.2024 veröffentlichte Version enthält unter anderem Bagatellschwellen für Anlagen und Standorte.


In unserem Blogeintrag vom 29.02.2024 informierten wir über die erste Veröffentlichung des Merkblatts am 30.01.2024, der Einrichtung der Plattform für Abwärme und Verschiebung der Meldefrist auf den 01.01.2025.

Um unwesentliche Abwärmequellen von der Meldung bei der Plattform für Abwärme auszunehmen, wurden Bagatellschwellen nach aktuellem Stand der Technik eingeführt. Außerdem wurde ein neues Kapitel zu Ausnahmeregelungen und Sonderfällen ergänzt.

Wir informieren Sie über die wichtigsten Änderungen:

 

Anlagenschwelle

Folgende Abwärmepotentiale sind von der Meldepflicht ausgenommen:

  • Anlagen mit einer jährlichen Abwärmemenge unter 200 MWh
  • Anlagen mit weniger als 1500 Betriebsstunden im Jahr
  • Anlagen mit einer durchschnittlichen Abwärmetemperatur von unter 25 °C

 

Standortschwelle

  • weniger 800 MWh pro Jahr (letztes vollständiges Kalenderjahr)

 

Schätzungen/ Modellierungen

In den folgenden Kapiteln wurden die Möglichkeiten zur Schätzung oder Modellierung herausgestellt.

  • Jährliche Wärmemenge
  • Maximale thermische Leistung
  • Leistungsprofil
  • Durchschnittliches Temperaturniveau

 

Ausnahmeregelungen und Sonderfälle

Außerdem wurde ein neues Kapitel zu Ausnahmeregelungen und Sonderfällen zu folgenden Themen ergänzt:

  • Meldungen für verbundene Unternehmen/ „Konzernmeldungen“
  • Industrieparks mit gemeinsamen Abwärmeströmen
  • Mietverhältnisse/ Meldepflicht von Mietern
  • Firmen-/ Standortschließungen
  • Umwandlung/ Ankauf

Unternehmen sollten den im Merkblatt veröffentlichen Prüfpfad der Meldepflicht durchgehen, ob für sie nach den neuen Bagatellschwellen weiterhin eine Meldepflicht besteht.

Quelle: Merkblatt “Plattform für Abwärme”, BfEE

Seit dem 24.04.2024 wird zusätzlich ein technischer Leitfaden für die Anwendung des Portals für Abwärme bereitgestellt.

Das Merkblatt, den Leitfaden und ein Webinar zur Plattform für Abwärme finden Sie auf der Internetseite Plattform für Abwärme.

Zudem findet am 09.10.2024 bei der IHK Bielefeld eine Infoveranstaltung zu diesem Thema statt. Bei Interesse an der Veranstaltung oder bei Rückfragen zum Thema können Sie uns gerne ansprechen.

 

Autorin: Lissa Rakus